Sonntag, 12. Juli 2009

Ich fürchte, ich werde mitkommen ...

Gern würde ich wissen, wievielen, und vor allem, welchen Menschen es noch so geht: Mit dem eigenen Innen-Reich im Kontrast zu stehen zu dem, was mit den Menschen des täglichen Umgangs und Alltags (überhaupt) teilbar ist. Und dann hat man noch einige entfernte gute Freunde, die man so selten hört und sieht, daß in ihnen das Bild der Illusion aufrecht erhalten werden kann, sie würden einen als der oder die, die man ist, verstehen und annehmen. In Wahrheit - zumindest in dem, was wir zunächst für die Wahrheit halten müssen - sind wir aber allein, bin ich allein, bist Du allein.

Nur jemand, der wirklich nicht allein ist, beginnt, hier mit mir MItgefühl zu haben, beginnt, einmal mehr diese Welt zu verstehen, in der es nicht die Regel ist, daß Gespräche mit Innenanteil im offiziellen Geprächsraum berührend legal sind. Und schon stelle ich mich der merkwürdigen Peinlichkeit, mein Bedürfnis nach solch Direktem, Ehrlichem zu äußern, wo doch auch ein naher Freund, nach bestem Vermögen, mich kaum begleiten kann. Soll ich nun "meine Besonderheit" aufgeben, um wenigstens doch ihm, der es ernst meint mit mir, mein Selbst zu ermöglichen, und eines noch: Rührt mich das nicht, was er wohl gleichfalls in sich trägt? Habe ich Kontakt ebendazu, sehe ich selbst den Dialog, den echten, gleichseitigen?

Aud dem wunderschönen kleinen Büchlein "Indische Spruchweisheit", erschienen im Gustav Kiepenheuer Verlag, hierzu gelegentlich eingestreut seien helfende Gedanken ...

Einem Mann, der Freunde hat, gelingen selbst Vorhaben, die schwer zu bewältigen sind. Darum sollte man sich Freunde erwerben, besonders solche, die einem ebenbürtig sind.

Dieses "ebenbürtig", es geht mir doch sehr nahe. Zumindest zum Scheine bereit, das zu sehr Stolze im kunstvoll versteckten Kleinwahn meiner Besonderheit niederzulegen, um echte Ebenbürtigkeit zu erfahren, in mehr als kleinen Zonen des Überlappens...

'cause I know there is strength
in the differences between us
and I know there is comfort
where we overlap

(Ani Di Franco, Overlap)


Es gelingt mir kaum vage, ein Bild zu zeichnen, von solch echtem Gegenüber, das für mich immer wieder Thema ist im schreibenden Selbstfinden. Schon das ist etwas Merk-Würdiges: Die Tatsache, daß man nicht für andere schreiben kann, um des Ruhmes willen oder für Epauletten, ist doch schwer hinter sich zu lassen, wenn man im Raume des Für-sich-selbst-Gesehenwerdens noch nicht im Teilen, so also im ebenbürtigen Miteinander angekommen ist. Ein Übergangsstadium, eine Schwebe, die eben das Unsichere begründet, denn zur Welt des Vorgebens gehört man stets nicht mehr, und zur Welt der Wahrheit hat man sich stets noch nicht bekannt, weil wir erwarten, daß andere vor uns sich bekennen, ist doch manch einer unter uns so unsicher, daß man ihn gar als Vorbild nimmt für "inn're Sicherheit".

Nun aber, weiter im Text.

J.D. Salinger schreibt in seiner Erzählung von "Franny", einem Mädchen, das an Etwas leidet, über dessen Existenz sie sich wohl gerade erst bewußt wird. Das Klima der Erzählung umreißt eine junge Partnerschaft zur Collegezeit, aber auch die sanft zu sehende, so aber fast brutal scheinende Natur des Nichtverstehens zweier Menschen im Kern, vielleicht auch des Nichtverstehens zwischen Mann und Frau.

Die beiden finden in dem, was ihnen innerlich wichtig ist (ihm, Lane, das Spiel am Abend, und das Treffen mit seinen Freunden, wobei Franny mitkommen soll - ihr die Gesprächsinhalte und ein besonderes Büchlein) im anderen keinen Widerhall, worunter sie, Franny mehr leidet, zumindest in dem, was ein Leser möglicherweise zuerst wahrnehmen wird.

Als Franny versucht, ihn auf die Spannung aufmerksam zu machen, die nicht zuletzt wegen solch fehlendem Widerhall zwischen ihnen entsteht, sagt sie:
Ich habe keine Angst vor dem Mitkommen, im Gegenteil, ich fürchte, ich werde mitkommen - verstehst du denn nicht? Das macht mir Sorge [...]

Was ist das für ein Mechanismus, der uns an gesellschaftlichen "Verpflichtungen" teilnehmen läßt, denen wir gegen unser inneres Gefühl, vielleicht also wirklich gegen unseren eigenen inneren Willen teilnehmen? Und ist es nicht bewundernswert, welches Bewußtsein Salinger seiner Franny eingibt, wenn er ihr hilft, sich im Vorhinein ihrer Verfehlung sich selbst gegenüber fast noch charmant bewußt zu werden? Das ist für mich etwas Wunderbares.

Die "Indische Spruchweisheit" dazu ...

Wenn man sich nicht gegenseitig zwanglos besuchen, die Frauen mitbringen und zusammen speisen kann, ist die Freundschaft nicht echt.

Oft überlege ich, welche Beziehung die qualitativere ist, ob eine Freundschaft, oder eine Partnerschaft, und in welcher Weise die eine der anderen überlegen ist. Aber wenn man feststellt, daß eine Partnerschaft nicht einmal die Qualitäten der Freundschaft einschließen würde, warum nur sollte man dann aneinander festhalten? Und wie kam einer dazu, sich das Wunschbild aufzubauen, ohne daß es sich erfüllen konnte, wie konnte man die fehlende Resonanz im anderen nicht sehen, wenn man doch so sehr dafür kämpfen mußte?

Was nun, ist echt?

Wir öffnen unsere Münder, in dieser beredten Welt, in der jeder etwas bedeuten will, und können kaum erfüllen, von was wir sprechen wollen. Wie schön ist es, ein Gast von Franny zu sein, und ihrem gesunden Widerwillen. Wie schön ist es, keinen klugen Hinweis zu haben, sondern den sanften Willen, mit den Seinen das "Bessere", das Wachsende, das Nächsthöhere, das Aufstrebende zu gestalten, mitzugestalten ...

Das sind die sechs Zeichen der Freundschaft:
man gibt und man empfängt, man erzählt Geheimnisse und fragt nach solchen, man speist beim anderen und bittet diesen auch bei sich zu Tisch.

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